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Das „Antlitz“ in der Kunst

Wer die hohe Kunst beherrscht ein Gesicht so aussehen zu lassen, wie sein Original, darf sich getrost Künstler nennen, ohne dabei ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Aber was ist mit den Künstlern von Gesichtern, die verzerrt, abstrahiert oder entmenschlicht sind? Sind sie nicht die viel größeren Künstler, weil sie es vermögen die Geschichte hinter der Fassade abbilden zu können?

Vielleicht erinnert man sich noch an den Kunstunterricht: Für den ein oder anderen Spaß, für manche aber auch nur eine Qual und irgendwann wurde die Aufgabe gestellt ein Portrait zu malen. Vielleicht 90% werden an der Aufgabe gescheitert sein, oder dabei die Lust an der Kunst verloren haben, die restlichen 10% haben ein Talent entdeckt, das sie stolz gemacht hat und vielleicht wichtige Entscheidungen in ihrem Leben beeinflusst hat.

Ein 1:1 abgebildetes Gesicht wird wohl die meisten Betrachter nicht unbedingt bewegen, es besitzen zu wollen. Portraitmaler sind oft Auftragskünstler, die Familienportraits oder Portraits nicht öffentlicher Personen malen oder aber es werden schöne Gesichter festgehalten, die oft ohne Aussagekraft sind. Gesichter ohne Geschichten! Gesichter ohne Seele!

Walter Hrivnak

Dagegen stehen Künstler wie Walter Hrivnak, der zwar bei den Gesichtern sehr genau beim Original bleibt, aber den Gesichtern eine Seele einhaucht. Er spielt mit Farben und abstrahiert die Umgebung, somit verleiht er dem Werk seinen ganz eigenen, typisch hrivnakschen Ausdruck.

Nadia Kimova

Nadia Kimova ist die mit dem fehlenden Puzzleteil! Sie beherrscht die Kunst die Seele ans Licht zu holen. Der Ausdruck in den Augen der von Kimova gezeichneten Frauen birgt ein finsteres Geheimnis. Man kann es gar nicht verhindern zu interpretieren und sich eine Geschichte zu den Protagonisten auf der Leinwand zu erdenken.

Gregor Kalus

Auf der discovery art fair präsentierte sich schon zum wiederholten Male Gregor Kalus, dessen Portrait-Tuschen wie die dem berühmten Original entzogenen Seelen wirken. Kalus lässt wirken, ohne nur abzubilden oder zu kopieren. Ohne das Antlitz zu sehen, weiß man sofort, welches berühmte Vorbild dem Werk dient. Kalus Werke schaffen es mitzureißen.

Sybille Will

Gesichter die berühren, schenkt uns Sybille Will. Keine idealisierten Stereotype. Die Schönheit ihrer Werke erkennt man erst beim Verweilen, nachdem man schon im Bann der Werke gefangen ist. Je länger man im Dialog mit dem Werk steht, umso stärker das Verlangen es zu begreifen. Das Interesse an der Geschichte dahinter ist geweckt. Wer sind diese Gesichter? Will erklärt es uns so: "Meine Gesichter und Figuren gehen tiefer und lächeln nicht. Lächelnde Gesichter gehören in die Werbung und sind eine reine Kommunikationsgeste. Schönheit und Entrücktes entsteht in der Kontemplation und Melancholie. Innehalten, Träumen, Auseinandersetzen mit Vergänglichkeit, Erlebtem, Sehnsucht ... ." Nach Will ist ein Gesicht das am wenigsten Banalste, was die Kunst hergibt. Verharrt man von ihren Werken begreift man, was sie damit sagen will.

Monika Lehmann

Monika Lehmanns Gesichter wirken ähnlich intensiv wie die von Sybille Will. Im ersten Moment den Betrachter in eine düstere Stimmung ziehen wollend, beginnt man zu grübeln, ist fasziniert und fragt sich wieder einmal nach der Intention der Künstlerin. - Mahnend, eine Erinnerung heraufbeschwörend, oder einfach nur dem Wahnsinn der menschlichen Existenz ein Denkmal setzend? - Die Werke bieten viel Spielraum für Mutmaßungen und Interpretation; - ganz ähnlich den Werken von Will. In einem früheren Gespräch mit der Künstlerin erfuhren wir, dass die Figuren keine Abbilder sind, sie entstehen einfach und die Künstlerin arbeitet so lange an ihren Werken, bis es sich anfühlt als würden sie mit einem sprechen.

Kerstin Emrich-Thomas

Ganz anders als die Gesichter von Will, Lehmann und Jean Jacques Piezanowski arbeitet Kerstin Emrich-Thomas. Die Künstlerin hat teilweise zwar ebenfalls noch das Porträt als Thema, doch lässt sie es nur noch eine Nebenrolle spielen. Man erkennt das Gesicht inmitten des Farbenspiels erst auf den zweiten Blick. Farbgewaltig scheint sich Emrich-Thomas in ihren Werken der Reizüberflutung der Neuzeit zugewandt zu haben. Man erkennt die Telefonierende am Handy inmitten des Chaos und denkt sich, genauso fühlt sich das Jetzt an. Schnell, ohne Aussage, chaotisch, bla, bla, bla, bla .. Auch die Szene der asiatischen Girlies reflektiert das Hier und Heute. Der Neuzeit fehlt eine Richtung. Eine klare Struktur. Und über allem steht ein großes Fragezeichen: Wohin wird es gehen? Wird sich das Chaos irgendwann entwirren? Will Emrich-Thomas in ihren Werken Gesellschaftskritik üben, oder wieder nur eine fixe Idee des Betrachters? Kerstin Emrich-Thomas ist eine Künstlerin, die man sich mit ihren großformatigen Werken gut in einem hippen Loft der In-Szene-Viertel großer Metropolen in aller Welt vorstellen kann. Voller Energie und inspirierend für die großen Aufgaben einer unbekannten Zukunft. Wo das Leben tobt, da scheint Emrich-Thomas mit ihren jungen, frechen Werken zu Hause zu sein!

Bericht: svl

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