ARTMUC 12.-14.04.2024
Die Samurai von Elica Tabacova ziehen einen in den Bann und bei Lilau erkennt man die Markknochen-Skulpturen neben dem Head-Shop sofort. Der Head Shop, der Köpfe verkauft… was kann man wohl so hineinprogrammieren in Köpfe und Knochen, ins Mark und Bein der „Human Ressources“? Und kann man im Zweifelsfalle eine Fehlfunktion, einen Error also, einfach wieder „Löschen und Codieren“?
Wenn die Gegenwart vergangen und denn also das Morgen ALT, dann darf man vielleicht trotzdem noch lachen. Oder gerade deswegen. Vielleicht bringt die Weisheit am Ende Humor. Muss man die Falten wirklich hinter Masken verstecken? Oder schon ganze Masken überziehen, unter denen man das eigene Antlitz verstecken darf, um dem Wiedererkennen in Zeiten von Gesichtserkennung, von biometrischer Vermessung, von öffentlicher Wahrnehmung, bzw. Wiedererkennung im öffentlichen Raum entgegenzuwirken. - Masken werden immer bedeutender, immer relevanter, nicht erst die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig Masken sein können. - Aus unterschiedlichsten Gründen. - Welche Face ID passt zu wem. Nach welchem Werdegang? Welche IDs sind angreifbar und gefährdet? - Schutzbedürftig? – Und wieder die Frage nach den Masken. – Sinnvoll?
Was, wenn unter den Masken noch ganz andere Köpfe stecken? - Über welchen Schädeln?
Muss man aber? - Nagelstudio, Nageldesign, Schrauben nicht Nageln, Hammer und Nägel, ans Kreuz genagelt, festgenagelt, an Nägeln gespannt…an den Nagel gehangen… Und Klimawandeldebatte und Nachhaltigkeitsphantasien kann man auch noch beim Nageln berücksichtigen… aus welchem Material werden Nägel gefertigt, was können sie halten, welche Kräfte können sie aufnehmen? Nägel als Rohstoff, mal langer Stift mit kurzem Kopf, oder kurze Reißzwecke mit buntem Plastik überzogen, mal silberfarben, mal gülden, mal aus rostfreiem Edel-Stahl oder verzinkt und feuerfest.. in der Asche übrig, wenn Körper verbrannt werden… Was wenn Nägel fliegen lernen, … wie Geschosse durch den Raum jagend? Angezogen von Mega-Magneten? Bzw. magnetisch angezogen in den Recyclinganlagen und Schrottpressen der Welt. - Nägel als Rohstofflieferanten, als Wertstoff erhalten…. - Kunst mit Nägeln, wie teilt man das ein? - Wenn sich Kunsthistoriker auf den Weg der geschichtlichen Spuren machen, welchen Wert messen sie dann Nagelwerken bei? - Werden es religiöse Erklärungen, oder doch eher weltliche Themen, die den Interpretationen dienen? Landet man am Ende beim ans Kreuz genagelten? - Zum Leiden und Sterben und Leben aushauchen fixierten?
Marcus Levine setzt fantastische Exkurse in Gang und man fragt sich, ob er und Guenther Uecker sich wohl schon begegnet sind. - Ob ein Uecker vielleicht eine Prägung von Levines Gorilla Skull anfertigen dürfte. – EINE! Nur EINE!. Als Unikat. - Was wäre das für eine Kostbarkeit? - Wenn Levine dann seinen Skull verändern würde, modifizieren… Vielleicht einige Nägel verschmelzen lassen würde, oder vernetzt zusammenschmelzen würde… vielleicht ineinanderfließen lassend mit einem anderen Skull,… vielleicht menschlich, vielleicht rezent, vielleicht antik, vielleicht in der Vorstellung abgewandelt extraterrestrisch, oder einfach nur kubisch….
Was spielt es für eine Rolle? - Den Nägeln ist es wahrscheinlich egal! - Sie sind nur Mittel zum Zweck.
Dass Schrift und Zeichen durchaus Relevanz haben zeigt auch Mechthild Ackermann. Ihre Bäume aus Schriftzeichen, reduziert in Kaffeefarbener Tönung, sind wie kleine Offenbarungen der Schönheit von Sprache, Schrifttum und Ausdruck.
Expressive Zeitlosigkeit, Bäume, Zedern, die nicht an Jahreszeiten gebunden sind, der Wald als Raum, zeiteliminiert, die Texte auf nepalesischem Papier, mit gebrannten Stäbchen aufgetragen, stellen die Frage nach dem Zustand der Gegenwart. Wie geht es gerade dem, was um einen herum ist? Dem Wald, den Bäumen,… nimmt man es überhaupt wahr? - Was sagen die Sterne, die darüber hinwegziehen?
So hat Kunst schließlich in alle Richtungen hinein ihren Zweck erfüllt, Gedanken angeregt, Fantasie beflügelt, Philosophische Betrachtungen in Gang gesetzt und man darf weiterdenken und erinnert sich noch einmal der schwebenden Vogelkäfige über leichtbekleideten, bis nackten Frauen, wie federleichte Himmelslaternen, die über die Menschen dahingleiten, wie Engelswesen, treibend im Wind, sehend, wissend, ohnmächtig über die Sinnlosigkeit des humanoiden Überlebenskampfes. - Jahre über Jahre, jahrhundertelang, sind vergangen, vergehen und werden vergehen und am Ende wird sich nichts geändert haben. Der ewige Kreislauf ist unendlich. Nur die Ausprägung der Materie wird sich ab und zu verändern, sowie die Vorlieben für die Erscheinungsbilder. - Ansonsten spielt nichts eine Rolle. - Alles ist Energie, vom Kleinsten bis ins Größte, unendlich bis in alle Ewigkeit.
Ob die ARTMUC immer wieder im Sinn hat mit ihren Künstlern philosophische bis hin zu wissenschaftlichen Exkurse loszutreten? - Wer weiß. - Sicher ist, es sind wunderbare Künstler mit wunderbaren Fähigkeiten und viel Gespür für Material und Farbe vertreten, und wer Kunst begreift, wird auch verstehen, warum Sammler Kunst suchen und bereit sind den Preis zu zahlen, der Kunst hat.
Die Frage nach der kleinen Kunst und großen Kunst wird immer wieder gestellt. - Wer legt den Unterschied fest? - Wer erkennt den wahren Wert?
Die Kritik bleibt oft milde gegenüber denen, die noch am Anfang stehen.
Der Schutz der Seelen, die sich in ihre Arbeit versenken und stetig weiter entwickeln, ist eine Aufgabe, der sich die Macher der ARTMUC ebenso verschrieben haben, wie das Präsentieren der Vielfalt. Dass es am Ende ein Geschäft mit der Hoffnung bleibt, kann den Messeveranstaltern nicht vorgeworfen werden. Es geht um Sichtbarkeit. Wer nicht sichtbar ist, kann nicht wahrgenommen werden, wer nicht wahrgenommen wird kann nicht wachsen, wer nicht wächst, wird am Ende fallen und dann freuen sich die Mediziner,… denn die geplatzten Träume und gescheiterten Existenzen nach unerfüllten Hoffnungen brauchen am Ende oft Therapie. – Aber das ist eine andere Geschichte.
Bis dahin darf man schauen und staunen über die Erkenntnis der Kunstschaffenden.