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Gesichtserkennung auf der discovery art fair 04.2023

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Gesichtserkennung auf der discovery art fair Cologne 2023 – Wer hat die schönsten Porträts?

Von Deep Fake hat man schon gehört, was Deep Face bedeutet weiß man auch (ansatzweise), Deep Eye allerdings sieht man bei Gerti Landwehrs porträtiertem Großformaten zum ersten Mal. Und während Georg Pummer eher farbreduziert verglitcht, sind die Porträts von Gerti Landwehr vollendete Farbharmonien, die auch die junge Generation nicht unberührt lassen, wie man zahlreichen Gesprächen der gut besuchten discovery art fair Cologne entnehmen kann.

Man liebt es das Schöne anzuschauen. Sich für einen Moment lang fallen zu lassen in Träume und Illusionen, und sich an die eigene Vergangenheit zu erinnern, die der Vergänglichkeit unterworfen ist. Vielleicht macht es einen Unterschied, ob Männer die Porträtschönheiten betrachten. Vielleicht macht es einen Unterschied, ob Frauen sich in ihre Träume flüchten wollen. Vielleicht macht es einen Unterschied, ob man in die Gesichter der Wesen auf Leinwand, oder in smarten Geräten schaut, aber die Realität holt einen immer wieder ein. Holt einen zurück auf den Boden der Tatsachen und in die ernüchternde Realität, in der es so scheint, als ob die Hauptaufgabe des Menschen darin bestünde im alltäglichen Kampf zu überleben.

Auf der discovery art fair suchen Künstler artverwandte Charakteren, die anders zu sehen imstande sind.- Kunstinteressierte und Käufer, die anerkennen, was künstlerische Arbeit ausmacht, ohne den Fokus einzig und allein auf Schönheit zu legen. Ansichten, die man wieder und wieder und wieder betrachten möchte, müssen nicht zwangsläufig schön sein, auch wenn sich Schönheit leichter verkauft.

Gerti Landwehr schaut in Gesichter von Frauen, deren Augen Stärke und Kraft ausstrahlen. Die sich ihrer Macht bewusst sind und die möglicherweise genau wissen, was ihr Gegenüber empfindet. In perfekt gewählter Farbharmonie, komplementär und szenisch ausgereift spricht jedes Werk der Künstlerin für sich. Gerti Landwehrs Strich ist unverwechselbar und die Augen des Gegenübers ziehen einen unweigerlich in ihren Bann. Der Blick der „deep eyes“ lässt einen nicht mehr los. Geradezu so, als würde man auf seinen Monitor starren, hinter dessen Mattscheibe das Gegenüber wartet. Als hätte man dem digitalen Wesen der KI hinter Glas ein reales Äußerliches verpasst, das in menschlicher Gestalt besser akzeptierbar ist. - Hinnehmbar.

Anders aber als bei Gerti Landwehr, in deren Porträts keine digitale Zuordnung zu erkennen ist, wird bei Georg Pummers Porträts deutlich klar: Wir befinden uns gedanklich im digitalen Universum. Das Gegenüber ist eine Illusion, die fragmentiert werden kann. In Pixel zerteilt. Digitale Bildstörungen, glitch. Vielleicht ist das betrachtende Subjekt digital und die Übertragung immer wieder gestört. Vielleicht malt Georg Pummer aus dem Auge der Maschine heraus. - Georg Pummer, der Kameramann. - Vielleicht ist es aber auch umgekehrt und er schaut in die Maschine hinein. Bewundernd und voller Sehnsucht oder Anerkennung. Nur die Übertragungsfehler holen ihn immer wieder zurück in die Wirklichkeit. Es gibt die Grenze, die zeitlos ist und nicht passierbar. Das Portal, durch das man vielleicht treten wollen würde, in die digitale Welt, das aber für die real existierende Masse an organischen Stoffen nur virtuell geöffnet werden kann. In der Realität ist das Organische der Vergänglichkeit ausgesetzt.

Die virtuelle Realität, in die man sich manchmal flüchtet, immer häufiger flüchten möchte, und es auch kann, wenn man will, ist nicht mehr wegzudenken aus der Welt. So fehlt sie auch auf der discovery art fair nicht.

Bei Anna Flora Orth sieht man Besucher mit virtueller Brille vor bizarren Werken zerfließender, verzerrter, entmenschlichter Gesichter. Die Bewegungen der bebrillten Menschen sind langsam. Die Drehungen im Raum beschränken sich auf etwa 1m-Durchmesser. Zu den Fratzen laufen immersive Werke auf einem Laptop-Monitor ab. Die Gemälde selbst sind nur Momentaufnahmen der bewegten, immersiven Kunst. - Schön? Nicht schön? Spielt es eine Rolle für Algorithmen, die vielleicht eines Tages Menschen imitieren sollen? Vielleicht Doppelgänger kreieren, Ersatzteillager für Humanoide, vielleicht menschenähnliche Erscheinungsformen für die Metaversen errechnen sollen?

Die vielen Realitäten, die schon heute in der virtuellen Welt geboten werden halten auch Einzug in FLACAS Arbeit. Ihre virtuelle Arbeit erkennt man erst auf den zweiten Blick. Während man noch die gehängten Werke an den Wänden betrachtet, ist es nur ein „blink of an eye“, in dem sich die Kunst in einem Glastisch spiegelt, und man erkennt, der Tisch ist ein Display, auf dem die erweiterte Realität digital abläuft.

Digitale Kunstwerke mit Aussagekraft. Vom Körper befreite Herzen, vielleicht auch noch nicht eingebaut in einen Organismus,… organisch, anorganisch,… der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt… Ein eingebetteter Schriftzug lautet Japan und der Name Hiroshi Ishiguro geht einem durch den Kopf. - Schöpfer von Doppelgänger-Mensch-Maschinen, Roboter, die für einen das Lästige im Leben übernehmen können. Vielleicht sollen, während man sie selbst von zu Hause aus steuert. - Dann fällt der Blick wieder auf FLACAS Fotoarbeiten. - EINE Fotoarbeit an der Wand… und die Denkmaschine Hirn, vollgestopft mit Bildern und Informationen aus den Medien, denkt und lässt der Fantasie freien Lauf. – Zu welchen Zwecken wird was erschaffen? - Gebaut? - Alles ist vorstellbar.

Wer bist du? Wer bin ich? Wer sind die Anderen? Die Vielen? Die Wenigen? Wer ist ersetzbar? Wer unverwechselbar? Welche ethischen Werte, welche philosophischen Fragen, welche religiösen Dogmen setzen Grenzen bei all den Möglichkeiten? Werden Regeln aufgestellt? Grenzen eingehalten?

„Das Schöne wird die Welt retten“ liest man bei FLACA. Und alle Welt ist auf der Jagd nach Beauty. - Die Beauty soll von allen erkannt werden können. - Seit Menschengedenken ist man bemüht die Human Ressources zu optimieren. Zu modifizieren. Sich für seine Zwecke zu gestalten. Jugend, genau wie Schönheit soll erhalten werden. Das hat seinen Preis.

Was ist Schönheit? Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit ein Wesen das Prädikat SCHÖN erhält. – Das Prädikat wertvoll. - Handelbar auf einem Markt der Eitelkeiten. - Was macht Schönheit aus? – Wer schützt sie? Pflegt sie? – Wer zahlt welchen Preis? Ist Schönheit nur eine Ware, mit der man Geld verdienen kann?

Die Daten aus der Gesichtserkennung können vielleicht Aufschluss geben darüber, was als schön empfunden wird, und was den Blick fesselt für Sekunden, Minuten, Stunden. Was das Denken in Gang setzt und Fantasie anregt. Über ein ganzes Jahrhundert Filmgeschichte hinweg hat man Daten gesammelt, welche die Geldmaschinerie Schönheit in Gang setzen kann. Sind diese Zeiten im Zeitalter der Minimalisierung zum Zwecke des Abtauchens in die digitale Anderwelt vorbei? - Gehört die Zukunft den künstlichen Wesen, die wir uns selbst erschaffen (haben)?

Katja Nordmeyer lässt die Farben ihrer Porträtschönheiten durch Lochbleche fließen und deutet Vergänglichkeit an. Es entstehen Risse in der Schönheit über die Zeit.

Bei Patrizia Casagranda wiederum findet man Schönheiten, die genau das Gegenstück sein könnten. Durch Lochbleche durchgetropfte tiefere Ebenen, die wie gerasterte Köpfe dahängen, im Hinblick auf Wiedererkennung, um sie nicht aus den Augen zu verlieren. - Im Fokus zu behalten.

Wie wenig Information braucht ein Raster zur aussagekräftigen Einordnung in ein Muster? Zur Definition von Schönheit?

Jugend betrachtet sich sehnsüchtig selbst auf Displays, will sich selbst inszenieren, als schön präsentieren, und hofft auf Bewunderer. Das Selfie wird zum Tool der Selbstinszenierung und Antoine Janot reflektiert den Tiefgang dahinter.

Jede nächste Generation muss ihren Platz finden. Kann das digitale Abbild von sich selbst dabei helfen? Vielleicht bewusst erstellt, um zu täuschen, oder doch nur, um zu erkennen? Schon Marc Aurel überliefert die Selbstbetrachtung. Wichtig, um die Außenwirkung zu erkennen? Warum nehmen Menschen Schönheit so wichtig? - Welche Rolle würde sie spielen, würde das Licht fehlen? Würde sie spielen, wäre man blind und könnte nicht sehen? Welche Sehnsüchte sollen geweckt werden beim Betrachter, wenn Schönheit das Einzige ist, was dargestellt wird? Wenn Gesichtserkennung zum wichtigsten tool wird, mit dem gespielt wird, um digital zu manipulieren.

Mit all den digitalen Möglichkeiten, in der Hoffnung, jemandem zu begegnen, der gleichschwingt mit der eigenen Gedankenwelt. Vielleicht. Oder aber, um einfach nur Erfolg zu haben. Um weiterzukommen.

Die sensiblen, zurückhaltenden Charaktere fallen durchs Raster. Der Zwang zur Außendarstellung hinterlässt Spuren. – Gewünscht und gefordert sind Esprit, Charme, Witz und Stärke,… schon in der Schule zählt die Außendarstellung mehr als introvertierte Zurückhaltung. Wer nicht ins Bild passt findet keine Mentoren. Wird es schwer haben. Wer nicht laut und aggressiv sein will wird als depressiv verkannt, als psychisch auffällig eingestuft. Gott sei Dank gibt es die Kunst. - Die Künstler beweisen, es braucht keinen Stempel von Krankheit, um alle „normal“ zu machen. Menschlichkeit ist bunt und vielfältig und darf auch mal leise und melancholisch sein, wie die Gesichter bei Antoine Janot.

Bei Open Art Exchange sind Antoine Janots Spielereien mit Selfie im Fokus. Die Sehnsucht ist dunkler Begleiter.

Syl Lokos collagierte Porträtabstraktionen aus Nägeln, die wie Comichelden zu siebt übereinanderhängen, bringen zum Schmunzeln. Internationale Positionen, die erkennen lassen, wie unterschiedlich und gleichzeitig ähnlich die unterschiedlichsten Ansatzweisen des Kunstschaffens, im Hinblick auf Gesichtserkennung sind. Die Selbstdarstellung menschlicher Überlieferung ist weltweit Thema! Genau, wie die Sorge vor Missbrauch der Daten, die man von sich preisgibt. Mal bewusst, selbst gesteuert,.mal unbewusst, ohne eigenes Zutun. - Und auf der ganzen Welt machen sich Kreative Gedanken darüber, wie sie ihre Daten schützen können. Ihre gerasterte Gesichtserkennung, ihre Identität, denn die Wahrscheinlichkeit, dass es unter 8 Milliarden Menschen wenigstens einen organischen Doppelgänger gibt ist hoch. Die Filmbranche und Medienwirtschaft hat das Szenario des Identitätsraubes schon durchgespielt, der Normalsterbliche aber sollte die Frage nach Sicherheit nicht erst stellen, wenn er vor sich selbst steht, vor einem Conterfei, das mit der eigenen Identität spielt, sondern schon jetzt!

Schönheit braucht Schutz! Schutz, damit sie nicht Federn lassen muss, wie bei den unglaublichen Federwerken von Marie Ange Daudé.

Oder den Olivenholzschönheiten von Myrthe Rödelberger, die im Schutz des Holzes all ihre Pracht entfalten können, bevor die Bildhauerin sie aus dem Baum schält.

Oder den fabelhaften Wesen von Wanda Stang, die wie Kämpferinnen in all ihrer Schönheit natur- und erdverbunden mystisch, still und leise flüstern zu folgen.

Kindliche Wesen, Kriegern gleich, die mit der Natur im Einklang sind und unkopierbar Zeichen setzen, für des Menschen einzigartigen Erfindungsreichtum.

Vielleicht sind die Gedanken, die einem bei dem Rundgang über die Messe kommen unbegründet, im Hinblick auf die Vielschichtigkeit der Realität und auf der Suche nach des Künstlers Wiedererkennbarkeit, vielleicht denkt man zu weit im Hinblick auf Gesichtserkennung, vielleicht zu besorgt,… klar aber ist: Es gibt offene Fragen. Wie immer. - Sowohl was die Gegenwart betrifft, als auch im Hinblick auf die Zukunft.

Und vielleicht ist der Mensch davor sich selbst derart zu modifizieren, dass er sich ein eigenes Ersatzteillager erschaffen kann, aus dem er schöpfen kann, um die eigene Existenz deutlich zu verlängern.

Es gilt alte Wahrheiten zu überprüfen und neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Auf der discovery art fair kann man erkennen, dass die Kreativen ein ungeheuer breites Allgemeinwissen mitbringen und mit dem Wissen der Vergangenheit sehr innovativ in die Zukunft wirken. Vielleicht stehen die Kinder des Morgen schon auf der Schwelle, vielleicht schon an unserer Seite, und helfen, und vielleicht stehen außerhalb des Orbits schon Helfer:innen, wie Astrid Stöfhas Astronautin bereit, die eingreifen und gegensteuern, wenn sich Entwicklungen anbahnen, die nicht in die richtige Richtung führen.

Und vielleicht sind Jenny Plümpes Visionen der posthumanen Tierwelten, ähnlich der twelve monkeys, vertreten durch die Galerie Eyegenart, als Hoffnungsschimmer zu verstehen, dass am Ende die Erde wieder das Paradies werden kann, das sie laut erdwissenschaftlicher Erkenntnisse schon mehrfach war. Bevor sich der Mensch binnen kürzester Zeit den eigenen Lebensraum vergiftet und zerstört hat.

Es liegt an uns, ob wir als lebende Organismen in diesem Zukunftsszenario eine Überlebenschance haben werden.

Oder ob am Ende von uns nichts weiter bleiben wird, als der Schrott, wie bei ODO RUMPF, oder auch E-Schrott einer Epoche, die sich in die falschen Illusionen gestürzt hat. Mit zwei Augen, einer Nase und einem Mund, so dass ein Gesicht eindeutig wiedererkennbar ist, aber weit entfernt davon ein Mensch zu sein!

Weitere Impressionen Gesichtern der discovery art fair 2023

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