Dorothea Reese-Heim, Paraffin, zerstückelte Bücher, GELBE SEITEN, Fragmente des menschlichen Organismus, gegossen in Klötzchen.
Und Gedanken formieren sich zu einer Front von neuen Ideen, entwickelt aus alten Geschichten.
Paraffin, chemisch was?
Panoptikum und eine Geschichte durch die Jahrhunderte, in denen geforscht wurde, zerstückelt, fragmentiert, genauestens untersucht, um zu ergründen, wie alles beschaffen ist, oder zusammenhängt. Viel Gewalt, Krieg, Leid und Verbrechen. Viel Menschliches, viel Unmenschliches. Und die Kunst macht sich so ihre Gedanken darüber. Macht sichtbar. Versucht das Ungeheuerliche, Unaussprechliche auszudrücken.
Etwas für die Nachwelt zu hinterlassen, damit sie lernen kann, erkennen kann, sehen kann, … heute digital, aber wohin fliegt der Impuls? Bleibt er den Menschen vorbehalten? Hält die irdische Hülle den Impuls auf, dass er nicht nach außen dringt, ins Universum? Und irgendwo da draußen genutzt wird? Genutzt, was Menschen kreiert haben?
Wüsste man, dass man Gutes bewirken kann, indem man der Nachwelt überlässt, was schon aus der Vergangenheit gelernt ist, was würde man tun? Würde man Bücher schreiben? Sie digitalisieren und ins Universum entsenden? Würde man Informationen nach DRAUßEN schicken? Zum Beispiel Fragmente des menschlichen Organismus, gegossen in Klötzchen? Bücher, die aussehen wie Knochen? Wie Wirbelsäulen, die einen Körper stabilisieren? (In einer Arbeit von Reese-Heim ohne die Dämpfer zwischen den Knochen. Ohne Bandscheiben. Ohne Puffer.) Wie Zellverbände. Wie ein Haufen Knochen ohne Kern. Ohne Knochenmark.
Das Gute im Sinn, kann Forschung auch genau andersherum wirken. Hat man die Sprachen erst einmal gelernt, in denen die Ergebnisse präsentiert werden, ist es ein Leichtes an und mit den Erkenntnissen weiterzuarbeiten. Zu welchem Zweck? Zur Selbstauslöschung?
Man denkt an die großen Romane dieser Welt. Die großen Geschichten. Die großen Filme. Epische Schlachten, die gekämpft werden, zu welchem Zweck?
Man denkt an Spiele, die gespielt werden zur Belustigung einer Masse, die in den Stunden des Nichtstuns Ablenkung sucht. Sich ergötzt am Scheitern und Gewinnen. Die menschliche Fehlbarkeit vor Augen geführt, jubelt, weil es dem Individuum die Gewissheit gibt, dass es nicht allein ist mit Unwissenheit und Makel. Ein Jeder nur einer von vielen, die nicht vollkommen sind. Es nicht sein können, denn jeder ist nur ein winziges Teilchen des großen Ganzen.
Das große Ganze! Alles zusammen = EINS!
Auch bei Rafael Domenech stolpert man über das EINS. Jedenfalls ist es das, was man zu sehen glaubt, wenn man in seine Arbeit eintaucht.
„Imperfect Fragments of an uncertain Whole“, so der Titel einer seiner Ausstellungen. Eine überdimensionale Holzplatte, ein Tisch, mit eingesägten Öffnungen, als wäre die Platte von übergroßen Teilchen getroffen worden, die Gänge im Holz hinterlassen haben. Gänge, Tunnel, wie Wurmlöcher. - So könnte es vielleicht aussehen, was wir im Universum tagtäglich mit den Impulsen anrichten, die wir durch den Raum schicken. > Verletzter Raum. Domenechs Arbeiten wirken wie sichtbar gemachte, veranschaulichte Teilchenphysik, mit dem Fokus auf den einzelnen Teilchen, und wie sie deformiert werden und unter- bzw. miteinander interagieren. Faltungen, Spiegelungen Reflexionen, alle physikalischen Phänomene scheinen bei Domenech aufgegriffen zu sein, als hätte er die Welt und das Universum im Ganzen erfasst und begriffen. Die Bilderschau seiner Arbeiten auf seiner Internetseite zeigt das Werk eines außerordentlichen Künstlers.
Auf einem Handout von HUA International als Teil der „collaboration section“ findet man die Beschreibung von dem, was man präsentiert sieht. Es geht dem in Cuba, Havanna, geborenen Domenech offensichtlich mehr um die Bücher auf dem Tisch, als um den Tisch selbst. Bücher. Objekte. Seltene Buchobjekte, die es nicht in die Massenproduktion und auf Bestsellerlisten geschafft haben, sondern im alternativen Raum „verschwinden“. Der Tisch wird dann zum Synonym für das Eintauchen in Bücher. Eine „Horizontale Publikation“! Die Platte trägt das Wissen. Die einzelnen Bücher mit Bedeutung, wie einzelne Seiten einer größeren Gesamtausgabe.
Auf der Internetpräsenz von HUA fasziniert das Foto einer Arbeit Domenechs von einem durch den Raum schwebenden Stein. Ein Meteor vielleicht. Eine Brekzie vielleicht. Grau mit schwarzen Gesteinsfragmenten. Darauf ein Buch von Mc Luhan Fiore. Die Seiten wie eine Pfeilspitze herausgeschnitten. Was bleibt ist der Titel auf dem Buchrücken des Buches. „Notations from Somewhere“ der Titel der Ausstellung mit dem wundersamen Meteor. Eine Ausstellung in Berlin, die gerade erst zu Ende ist.
Weitere Namen, wie Thomas Vu, David Horvitz, Tony Just, u.v.m. stehen auf der Liste von HUA International. Ihre Arbeiten zeigen ein weites Spektrum an kreativem Potential und zeugen von der Bedeutung des Schaffensprozesses international anerkannter Künstler.