Rodgau Art 24.10. - 26.10.2025
Anblicke, Ausblicke, Vielfalt und Einfalt,… KI nur am Rande, aber die Feuermelder sind schon an Bord. Rodgau Art 2025 – Mehr als Kunst!
Ikonografie – icons – aus der Ferne betrachtet wie Notenblätter von Songs, die andere Zeichen bekamen. Wie Hieroglyphen, nur aus der Zeit gefallen, andere Zeichen, als die, die man kennt. – Gesetzt, nicht im Setzkasten, gedruckt auf Papier, unter Glas hinter Passepartout, im schwarzen Rahmen. - Manchmal braucht es keine Lettern um zu erzählen.
Die Rodgau Art 2025 hat wieder die Pforten geöffnet und präsentiert, worüber man sich Gedanken machen darf. – Sammeln und Seltenes ist immer von Belang, was aber man halten kann ist manchmal nur die Erinnerung, und die braucht ab und zu einen Schub.
Präsent stehen auch drei Großskulpturen von Werner Schüßler, wie gerade der griechischen Mythologie entsprungen, in der Mitte des Labyrinths, und Minotaurus erinnert daran, dass es die Gesellschaft der Gegenwart, mit all dem Wohlstand, behütet durch das Volk selbst, das seine Herren selbst wählen darf, so nicht geben könnte, wenn die Geschichte vor über zweitausend Jahren anders verlaufen wäre. Und je nach Blickwinkel schimmert die ägyptische Mythologie noch durch. Die vielen Götter, denen man huldigte, die sich vereinten zu einem, der seither den Ton angibt, hatten den Vorteil, ein Jeder hatte nur so viel zu schultern, wie er auch tragen konnte. Wenn alles auf eines Schultern abgeladen wird, wird es schwierig. Und wie ein Mahnmal weckt die Kunst dann auch die, die eigentlich gar nichts mit all dem zu tun haben wollten.
Luciane Sazenski rückt die Angst von Männern in den Fokus in ihrer Männlichkeit zurückgestuft zu werden, Angst vor Kastration, Angst vor Frauen. Komplexe, die sich über Generationen ausgeprägt haben, weil Männer anders ticken als Frauen, andere Sicht auf die Welt haben und anders wahrnehmen. Frauen werden, so sagt Luciane Sazenski, auf ihr Geschlecht reduziert und ihre von der Natur vorgegebene Aufgabe der Arterhaltungspflege. – Das Interpretieren der Frauen mit den zugenähten Mündern kann so weit gehen, dass die bis hinein in Gesundheit, Medizin, Fortpflanzung, Weitergabe von Wissen reichenden Möglichkeiten auch Auftakt zu finsteren Geschichten und Kriminalistik im Anschluss sind, bzw. sein können.
Die Aufforderung laut zu werden, nicht zu schweigen, führt bisweilen zu keinem guten Ende. Zufälle, die vielleicht keine Zufälle sind und gleichzeitig Hilferufe aus geschlossenen Kreisen, die nicht ungehört bleiben sollen, davon erzählen die Werke von Walter Hrivnak. Er setzt Situationen und Menschen in Szene, nimmt Aufträge entgegen von Menschen, die etwas zu erzählen haben, oder die ihre Geschichten in die Zukunft tragen wollen, ohne, dass sie vergessen werden. Vielleicht entdeckt werden können eines Tages, von denen, die sehen und erkennen.
Erkennen, wie die zufälligen Ähnlichkeiten von Ansichten, die sich in den Bildern offenbaren, die Mimbelbi den Kunstliebhabern präsentiert. Der Junge, der ins Dunkel schaut und entdeckt, was nicht für seine Augen bestimmt war, ein Mädchen, ein Kind noch, das an den Regeln kratzt, die einst aufgestellt wurden, um zu erzählen, selbstkritisch und fokussiert, und das gehört wird in den unendlichen Weiten des Universums, das nicht taub ist für das, was die Kleinen zu erzählen haben, die so oft niedergeschlagen und traurig sind, weil ohne Chance und ohne Hoffnung. Nur als Beigabe von Leben, die auf Höheres aus sind, ohne zu erkennen, dass das, wonach sie streben, vielleicht auf den Irrweg führt.
Die Werke bei Tina Ritter, alias Mimbelbi machen Hoffnung, denn sie zeigen: Es wird hingeschaut und wahrgenommen. Und es macht vielleicht aus den richtigen Leuten die, die im entscheidenden Moment gebraucht werden.
Gebraucht, wie all die Helfer und Engel in (sozialen) Brennpunkten, die erkennen, wann Zeit ist einzuschreiten und zu handeln, wenn die Betroffenen keine rechtlich sicheren Möglichkeiten haben. – Helfer und Hingucker – Informanten und Berichterstatter. Menschen wie Dirk Mecking, der in sieben Bildern überlässt, was sich in den sozialen Brennpunkten abspielt. Er rückt eine Parallelwelt in den Fokus, die man vielleicht nicht unbedingt kennenlernen will. Die sozialen Schichten im Fokus, sind Verzerrungen Dirk Meckings Stilmittel. Hinter den Fassaden seiner Hochhäuser in Strichzeichnungen geht es unter anderem um Drogen, und seine Figuren sollen zeigen, wie es sich anfühlt, der Konsum. - Wie sich zum Beispiel eine Zunge anfühlt, vielleicht vor, während und nach dem Rausch. - Die Unterschichtenproblematik kommt klein und homogen daher, wird aber begleitet von den größeren Formaten der Zauberer, links daneben.
Ein Hundekopf auf einem der sieben Bilder steht für eine Erinnerung an eine Szene, bei der ein Pit Bull Kinder angegriffen hat auf einem Spielplatz. – Mecking sagt, der Hund war verängstigt, hat die Kinder, die auf ihn zukamen angegriffen. - Zum Selbstschutz? - Selbstverteidigung? – Die abgerichteten Tiere in den Brennpunktvierteln sind ein Thema mit Relevanz. - Vielleicht gegenwärtig weniger präsent, aber existent. – Von den Stoffen und Frequenzen, mit denen man sie scharf macht, wissen nur die Eingeweihten.
Zauberer, die noch die alten Rezepte kennen. Rezepte, wie Schutzzauber aus dem 14. Jh., geschrieben auf eine grüne Welle. Und rechts oben, etwas abgesetzt bei den größeren Formaten macht Dirk Mecking klar: Die Masse an schlechten Nachrichten zermürbt. - Macht krank, verwirrt und verblendet und am Ende sieht alles danach aus, dass der Kopf zu platzen droht, wenn die Frequenz der Wiederholungen nicht zurückgefahren wird.
Jörg Peter Hohmann, mit seinen Fotografien for Artists, friert den Moment ein, an den man sich erinnern möchte. Die guten Fotografen wissen wie das geht, das Begehren wecken. Nicht immer bewusst, aber doch unumgänglich.
Um für diesen einen Moment so perfekt wie möglich zu sein erliegen Schicht-übergreifend so viele der Versuchung sich schöner zu machen. Lassen sich aufspritzen, nehmen Diätpillen, verzichten auf Gesundes und konsumieren Ungesundes, nehmen Drogen und erweitern das Bewusstsein.
In der Gegenwart zu leben und nur den Moment zu genießen wird im übertragenen Sinne als Lösung dargestellt, doch Enttäuschungen bleiben nicht aus. – Das Spiel des Lebens, der Lauf der Dinge ist der Tanz der Gegensätze, die zusammen einen Weg finden müssen, um friedlich zu koexistieren. - Erfüllung und materielle Befriedigung hat ihren Preis! - Für alle.
Alles Sichtbare, alles Schöne, alles Verführerische hat seinen Preis. - So oft kostet Genuss, das vermeintliche Glück, ein kleines Vermögen, und so manches Mal, gar nicht so selten, auch die Gesundheit. Was viele erst erkennen, wenn es zu spät ist. - Generationenübergreifend war es so seit Anbeginn und wird wahrscheinlich so sein bis in alle Ewigkeit. Die Leidtragenden sind die Nachfolgenden. Die sich orientieren an dem, was die Alten vorleben und vorgeben, die den Medien glauben und am Ende vielleicht der Hoffnung erliegen auch ein Stück abhaben zu können, vom großen Kuchen.
Michael Spengler spielt dann in der Gegenwart schon weiter und nutzt KI.
Spengler, sehr, sehr interessant, nutzt Neuronale Netzwerkgenerierung und in seiner Serie „Strand der Winde“ werden surrealistisch anmutende Objekte gezeigt, die aussehen wie Flugzeugmodelle, die geringere Schwerkraft suggerieren, ja vielleicht gar auflösen, warum vorstellbar wird, dass Häuser auch fliegen könn(t)en.
Colorierte Heißnadelstrickereien bzw. Kaltnadelradierungen sind es nicht, die Arbeiten, sehen indes aber so aus, was beweist, wie gut KI inzwischen ist.
Von Miriam Bräutigam werden schlussendlich Handyfotografien gezeigt. Nicht überarbeitet, auf der rechten Seite zu Stillleben-Arrangements semitransparent mystisch zusammengesetzt und schließlich fotografiert. Links davon wiederum Papierarbeiten, in mehreren Schichten aufgebaut, bemalt, bedruckt, in drei bis sieben Schichten übereinandergelegt, dann auf transparenter Platte positioniert, von unten beleuchtet und fotografiert. – Das Ergebnis könnte man Collagen nennen. - Oder findet sich ein anderer, adäquat kunsttechnischer modernerer Begriff?
Die Rodgau Art 2025 beweist, nicht nur die große, internationale Kunst hat Potential, auch im Kleinen findet man immer wieder Positionen, die nachdenklich machen. Es wird Kunst gezeigt mit Denkwert, aus der man sich Inspirationen und Gedankenansätze für die Zukunft holen kann. Eine Zukunft, in der es in Zeiten von Objectscans und 3-D-Drucken immer schwerer sein wird real von unreal, also echt von unecht, Original von Fälschung, Illusion oder Täuschung von der Wirklichkeit zu unterscheiden, ganz gleich, ob es sich um Materielles, Organisches oder Spirituelles handelt.
Dann lernt man vielleicht auch wieder das Fühlen neu, und kann hinter die Fassaden blicken, die beim Einen wohlgefällig, schlank, und schön sind, wie bei Reinhold Mehling, beim Übertreiben des Nichts dann aber vielleicht Suppenkasper-dürr nur noch Haut und Knochen, was materiell gesehen wertlos ist und nach medizinischer Begutachtung pflegebedürftig.
Eine Idee vom übertriebenen Nichts, vom Verzicht auf alles, um schön und ansehnlich, schlank und begehrt zu sein, bekommt man bei den hochgewachsenen Figuren von Gerd Steinle. Sind es noch Menschen, oder nur robotische Konstruktionen, sinnspezifisch modifiziert und entwickelt, in einer Gegenwart, die sich selbst, als menschliche Art überflüssig macht. - Spätestens jetzt darf das Leben wieder eingeladen werden teilzunehmen an der Existenz.
