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Reisezeit – Zeitreisen - Nuhr Kunst in Düsseldorf

„Reisezeit – Zeitreisen“ - Nuhr Kunst in Düsseldorf

Im Hetjens – Deutsches Keramikmuseum Düsseldorf – Schulstraße 4

Dieter Nuhr. Den Namen kennt man. Bringt ihn in Verbindung mit Satire, Humor und Comedy. Die

Ernsthaftigkeit hinter der Fassade wird klar, wenn man seiner lautlosen Kunst nachspürt. Auf seiner

Internetpräsenz, dem Fundstück aus der Suchmaschine, bekommt man einen Vorgeschmack darauf,

was einen erwartet, wenn man sich auf den Weg macht in seine Arbeit einzutauchen.

Gegen das Vergessen! Verblassende Erinnerungen an Reiseziele, die schon in „Nuhr um die Welt“ Beachtung fanden. Das Reisen wurde durch die Pandemie erschwert, jetzt schwelgt der Künstler, wie wahrscheinlich Viele, in fotografischen Erinnerungen. Und mit neuem, kreativen Ansatz, lässt er alte Erinnerung wieder aufleben und bereitet sie auf. Versucht sie gegen die üblichen Abbilder der Bilder-gefluteten Parallelwelt für die Zukunft zu erhalten. Vielleicht vor dem Löschen zu bewahren. Versucht sich vielleicht selbst in der Zeit, gegen das Vergessen, in den Erinnerungen zu erhalten. In Gedanken über das Werden und Vergehen, weitergegeben, ohne ein einziges Wort dafür zu verschwenden. (Worte hätten in diesem Fall wahrscheinlich mehr Humor. Immerhin spricht man mit Dieter Nuhr. Die Bilder aber sind eine ernste Angelegenheit. - Sehr ernst. Mit Tiefgang.)

Als bräuchten die eigenen Gedanken noch eine Bestätigung, untermalt Dieter Nuhr wie es aussehen könnte. Das Vergessen.

Verwitternde Gedanken, Erinnerungen, abblätternde Realitäten, … Verfall … ein wenig erinnernd an die Aquagrafien von Rainer Mienert.

Das Deutsche Keramikmuseum in Düsseldorf, Hetjens, darf man sich merken. Die „Kunst ist nur ein Angebot“, steht im Flyer zur Ausstellung geschrieben. Der Künstler überlässt den Betrachtern Ansichten von Schönheiten, die man vielleicht erst auf den zweiten Blick erkennt.

Bisweilen wirken die Gefäße geisterhaft. Das diffuse, neblige Licht wie der bildgewordene, sprichwörtliche Geist aus der Flasche.

Was fehlt ist entsprechende musikalische Untermalung. Man kann sich vorstellen, wie man dann in Trance gerät beim Betrachten der Arrangements.

Arrangements aus Kunsthandwerk und Bildender Kunst.

Der Betrachter wird entführt an Orte,die geschichtlich weltrelevant in Erinnerungen Vieler existieren, aber verwittert daherkommen. Unter anderem hat der Künstler Orte bereist wie Nordkorea, Vietnam, Kambodscha,

China, Neuseeland, Mexico, Chile… Auch Russland ist darunter. Die Skyline beim Roten Platz in Moskau, hinterstrahlt von rötlich-lichtenem Himmel, überlagert von lindgrünem Farbgewirr, ist ein Meisterwerk der Bildbearbeitung und macht Neugier auf das WIE. WIE entstehen die Arbeiten, deren Technik so berauscht? Die Frage wird wohl offen bleiben, aber in die Erinnerung mischt man das neu Gesehene aus aller Welt. „Von überall.“ (Eine der Kategorien auf der Internet-Seite des Dieter Nuhr. (Stand 13.03.2022) Kategorien im Netz, keine Ordner!) Wie zufällig die Auswahl an Werken, die farbakzentuiert verzaubern. Zu bestaunen von Jedermann. Vielleicht als Sammlungsanreiz für die Sammler, die den Arbeiten einen Ehrenplatz in der Welterinnerung schenken wollen.

„Von überall“, zwei Worte, die an einen Buchtitel auf den aktuellen Bestsellerlisten erinnern. „Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen.“ Also „von überall“. - Navid Kermani geht es durch den Kopf. - Die Welt zu bereisen, die Kulturen zu erfahren, sich auszutauschen, Freundschaften zu knüpfen und neue „Wahrheiten“ zu erkennen, das vermag das Reisen. Und mit jeder Betrachtung eines Fotos begibt man sich auf Zeitreise. Der Moment lässt sich vielleicht noch einmal einfangen, und wenn es nur in der Erinnerung ist. - Bilder gegen das Vergessen!

Transition, Transformation, Review, Remix, … Worte, die neugierig machen und zu Ansichten führen wie Kambodscha - Siem Reap, das an aktuelle Bilder aus so mancher Heimat erinnert. Tote Bäume in Wasser versunken, als Wahrzeichen einer apokalyptischen Ära. Entstanden durch den „Human Impact“.

Reversibel? Hoffentlich!

Und Nuhr arbeitet daraufhin. Man liest im Flyer: „In meinen Bildern spürt man die Weigerung, sich einem Zeitgeist zu beugen, der die Welt nicht mehr als Spektakel oder Faszinosum, sondern ausschließlich als apokalyptische Katastrophe begreift.“ Die apokalyptische Katastrophe kann man in den Arbeiten erahnen. Wie vergilbte, verwitterte Fotografien, gefunden irgendwo, in den Hinterlassenschaften des Jetzt, in einem Morgen, dessen Archäologen sich über Vieles zu wundern haben werden.

Die Fotoarbeiten im weltweiten Netz, auf der Internetpräsenz von Dieter Nuhr, verlangen einen zweiten Blick. Nicht sofort erkennt man das UR-FOTO. Die überlagernden Schichten, zum Teil erinnernd an die Malerei von Stephan Kaluza, bisweilen auch entfernt an die Technik von Gerhard Richter, beherrschen den Eindruck. Den Eindruck des Vergessens.

Man findet Chile Torres des Paine und die Farbgebung erinnert an Werke von Benjamin Burkard. Wieder will das Hirn Bezug nehmen auf irgend etwas, das es schon kennt. – Die eigenen Erinnerungen werden abgeglichen. Die Ordner im Hirn durchgearbeitet. – Die von Nuhr präsentierten Erinnerungen (Fotos) sind alle überlagert. Wie Spiegelungen, von Lichtreflexen, Schichten über dem Foto, wie in einer Mehrfachbelichtung. - Ist es nur ein kreatives Spiel, wie das Spiel zu analogen Zeiten? Als Mehrfachbelichtung noch eine Kunstform war? Oder ein Laborexperiment?

Nuhr präsentiert das bildgewordene Vergessen. Das kann kein Spiel sein. Das Mischen von Bildern, wie das Arbeiten eines Hirns, das beginnt alles durcheinander zu werfen. Vielleicht ist es ein Hinweis auf die Analogie von Hirn und Festplatte. - Festplatte voll. - Overload.

Die Festplatteninhalte kann man auslagern in die Wolken, aber was wird sein, wenn die Wolken voll sind? Überlagerungen von Bildern, die uns eines Tages holografisch Realitäten vorgaukeln, die es gar nicht gibt? Was wird in der Zukunft Bestand haben? Nicht vergessen werden? An Bildern übrig bleiben? Werden es überhaupt Bilder sein oder nur Partikel und Teilchenwolken?

Die Zeit, die man sich im Netz nehmen kann, scheinbar unbeobachtet von der Außenwelt, ist kostbar. Die Präsentationen der Kunst, die man sich herbeistreamen kann, klötzchengepulst durch Raum und Zeit, sind so bewegend und tief, dass man nachvollziehen kann, dass es Nuhr mit seiner Kunst auf die internationale Bühne geschafft hat. Shanghai und Peking erscheinen in der Vita und der Lebenslauf des Künstlers liest sich wie ein Bilderbuch eines Glücksritters.

Wie Lichtflecke, Schattenspiele, Lichtreflexe oder Regentropfen überlagern neue Bilder die alten Erinnerungen. Nuhrs Arbeit ist, wie das Bestreben aus einem Foto, einem Abbild eines Moments, ein künstlerisches Meisterwerk zu machen, das andere in ihren Bann zieht.

Vielleicht erinnert man sich noch an Momente im eigenen Leben, in denen andere ihre festgehaltenen Momente, ihre in der Zeit eingefrorenen Erlebnisse präsentieren wollten, und man mit mehr oder weniger Aufmerksamkeit am Leben der Anderen teilgenommen hat.

Das war früher.

Dann hat man sich vielleicht nicht einmal mehr die Zeit genommen. Die Menschen wurden sich selbst in ihren Erinnerungen in der Zeit überlassen. Im schlimmsten Fall abgeschoben in die Einsamkeit. Wie kostbare Keramik in einer Glasvitrine.

Dann kam die Pandemie und alle mussten erfahren, was Distanz bedeutet. (Hätten es erfahren sollen.) Vielleicht hat man inzwischen entdeckt, dass das Leben aus mehr besteht, als einem durchstrukturierten, geregelten Tagesablauf. Vielleicht macht man sich auf die Suche nach besonderen Momenten, die auch das Leben Anderer zur Geltung kommen lassen. Und genau solch einen Moment schenkt Dieter Nuhr mit der Ausstellung Reisezeit - Zeitreisen.

Voller Ernsthaftigkeit, die über die Erinnerung und das Einfrieren von Momenten, also wertvoller Zeit, nachsinnen, vor allem aber einladen zum Staunen und Träumen. Zum Abtauchen in die Arbeit eines Anderen, um aufzutauchen aus dem Strudel der Zeit und zeitvergessen einfach nur zu genießen.

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